Auch ein Schreibmaschinensammler braucht einmal Hilfe und Rat. Bei der unten abgebildeten Maschine weiß ich nicht weiter. Die Maschine hat keine Maschinennummer, keinen Namen, keine Herstellerbezeichnung und keine Glocke.
Auf dem Papier- und Frontblech konnte bei vorsichtiger Farbentfernung kein Schriftzug oder eine Linierung erkannt werden. Diese Bleche sind grob zugeschnitten und aus minderwertigem Blech hergestellt. Es scheint keine industrielle Fertigung zu sein. Das Papierblech ist nicht gerade, sondern gerundet bzw. gewölbt. Es fehlt eine Papieranlage. Der Papierhalter ist am Papierblech angeschraubt.
Die Maschine hat Ähnlichkeiten bzw. Gleichheit mit frühen Continental-Schreibmaschinen bezüglich Wagenführung, Zeilenschaltung, Walze und Walzendrehknöpfen, Farbbandmechanik sowie dem Aufzugshebel für die Rückzugsfeder. Der Wagen lässt sich nach Entfernung der vorderen Abdeckleiste über den Randstellern wie bei der Continental nach links herausfahren, jedoch wird das Rückzugsband nicht automatisch ausgehängt. Die Walze lässt sich durch Herausschrauben der Drehknöpfe herausnehmen. Dieses sind ebenfalls baugleich mit der Continental.
Die Zeilenschaltung ist dreifach verstellbar mittels eines gefederten Zugknopfes, dessen Stift unten in eine Lochschablone einrastet. Das Farbband ist 13 mm breit und muss nach Ablauf von Hand umgestellt werden. Die Mitnehmerstifte für die Farbbandspulen sind stärker, so dass ein Loch in der DIN-Spule etwas vergrößert werden musste.
Der Hebel links im Frontblech ist die Rücktaste. Darunter befindet sich ein Blechhebel für die Auslösung des Randstellers. Rechts im Frontblech befindet sich der Hebel für die Farbzonenumstellung. In der Ausfertigung mir bei anderen Maschinen unbekannt.
Die Maschine hat 45 Tasten für Buchstaben und Zeichen und 2 Umschalttasten. Es gibt keinen Feststeller für die Umschaltung. Der Freilaufhebel aus Blech befindet sich links am Wagen. Vor der Zwischenraumtaste hat der Rahmen eine Aussparung. Die Druckqualität und Zeilengeradheit ist schlecht. Augenfällig sind auch die sichtbaren Schlitze für die Lagerung der Tastenhebel hinten unten im Rahmen. Insgesamt macht die Maschine einen relativ primitiven Eindruck bezüglich der Fertigungsqualität.
Wenn sich kein Hersteller feststellen lässt, wird es sich wahrscheinlich um einen Prototyp oder die Eigenanfertigung eines Büromechanikermeisters aus Ersatzteilen anfangs der 1920er Jahre handeln.
Kann jemand weiterhelfen?
Das Rätsel ist gelöst:
In Zusammenarbeit mit dem Industriemuseum Chemnitz, anderen Sammlern und durch das Auftauchen einer zweiten fast gleichartigen Maschine mit Firmenlogo konnte der offensichtliche Hersteller der Maschinen festgestellt werden. Die Maschinen mit dem Namen „SAXONIA“ wurden in den 1920iger Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit von dem Schreibmaschinenmechaniker Friedrich Schönherr in Chemnitz als Einzelstücke gefertigt. Dabei wurden Teile der „CONTINENTAL“-Schreibmaschine verwendet. Die Maschinennummern sind 2 und 7.