Ideal/Erika

Die Firma Seidel & Naumann Dresden (später VEB Schreibmaschinenwerk Dresden)

Der Gründer der Fa. Seidel & Naumann Dresden, Karl Bruno Naumann wurde am 10. Oktober 1844 in Dresden geboren.

Bruno Naumann
Bruno Naumann

Sein technisches Talent zeigte sich in den Lehrjahren zum Feinmechaniker, wo er wegen hervorragender Leistungen ein Lehrjahr erlassen bekam. Sein Arbeitsbuch wies von verschiedenen Mechanikermeistern nur glänzende Zeugnisse aus. Sein Fleiß, seine Zuverlässigkeit und seine ungewöhnliche Geschicklichkeit fand an allen Stellen Wertschätzung. Eine Arbeit des erst 23jährigen wurde 1867 zur Weltausstellung nach Paris geschickt und fand große Anerkennung.

Mit wenigen hundert Talern gründete er im Jahre 1868 in Dresden an der Ammonstraße eine eigene Maschinenschlosserwerkstatt und widmete sich der Konstruktion von Nähmaschinen. Dazu verwendete er zwei amerikanische Lizenzen.

1870 trat Emil Seidel als Teilhaber in die Firma ein. Der Absatz der Maschinen wuchs ständig und so mussten weitere Nachbargrundstücke gekauft werden. Bald stand die Firma „Seidel & Naumann“ in der ersten Reihe der deutschen Nähmaschinenindustrie. Da der Platz bald auch in den vorhandenen Räumlichkeiten nicht mehr ausreichte und keine Erweiterungen mehr möglich waren, entschloss sich Naumann als weitsichtiger Kaufmann, einen großen Neubau an der Hamburger Straße (heute Technisches Rathaus der Stadt Dresden) auszuführen. Im Jahr 1884, nach Bezug des neuen und erweitungsfähigen Firmengeländes, begann er mit damals bereits 614 Arbeitern zusätzlich mit der Fahrradproduktion.

Mit nunmehr 2.500.000 RM Betriebskapital wurde die Firma 1900 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt unter dem Namen „Aktiengesellschaft vorm. Seidel & Naumann, Dresden“. Zum 50-jährigen Firmenjubiläum 1918 beschäftigte die Firma bereits etwa 4.300 Angestellte und Arbeiter.

Standardschreibmaschine „Ideal“

Bereits frühzeitig (1880) interessierte sich Bruno Naumann für die Schreibmaschine. 1899 kaufte er den beiden amerikanischen Erfindern Edwin Barney und Frank Tanner die Patente ihrer Schreibmaschine ab und verpflichtete sie, in Dresden eine Schreibmaschinenfertigung zu organisieren. Gemeinsam mit seinen beiden Obermeistern wurde die erste Schreibmaschine entwickelt und die Fertigung aufgebaut, so dass bereits am 5. September 1900 die erste Standardschreibmaschine unter dem Namen „Ideal“ ausgeliefert werden konnte.

Wie für die Nähmaschinen und Fahrräder wurde für die Schreibmaschinen nur bestes Material verwendet, welches eine hohe Qualität und Lebensdauer sicherstellte.

1903 wurden bereits die 10.000. „Ideal“-Maschine des Modells A ausgeliefert. Die Rahmenform war an den Jugendstil angelehnt und erinnerte mit dem eingegossenen Namen an die Nähmaschinengestelle. Diesem Modell folgten nach 100.000 Stück die verbesserten Modelle B, C und D in einer Gesamtstückzahl von 1.125.000 Stück. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Dresdener Schreibmaschinenfirmen „AG vorm. Seidel & Naumann“ und „Clemens Müller AG“ zusammengelegt zum Betrieb „Mechanik Schreibmaschinenwerke Dresden“, dem späteren „VEB Schreibmaschinenwerke Dresden“. Die „Urania“ Modell 9 der vormaligen Clemens Müller AG wurde weiter entwickelt und als „Ideal“ Modell 10 bis 1960 nochmals mit 120.000 Stück gebaut. Die „Ideal“ als Standardschreibmaschine fand vor allem Verwendung als Büroschreibmaschine in Verwaltung und Industrie.

Reiseschreibmaschine „Erika“

1910 kam als kleine Schwester die Reiseschreibmaschine „Erika“ dazu. Kostrukteur war Paul Käppler. Als Namensgeberin fungierte die Enkelin des bereis verstorbenen Bruno Naumann. Sie wurde in verschiedenen Modellen und Ausführungen bis 1991 hergestellt mit einer Gesamtstückzahl von über acht Millionen. Sie ist somit die in Deutschland am häufigsten hergestellte Kleinschreibmaschine, die unter dem Werbemotto: „Hinweg mit Tint´ und Feder, mit Erika schreibt jeder“ in ihrer Beliebtheit in vielen Kleinbetrieben und Privathaushalten Verwendung fand. Es gab über 30 Modelle mit den vielfältigsten Ausführungen, Farben und Sonderausstattungen. 109 verschiedene Tastaturen wurden auf Kundenwunsch verwendet. Als Exportschlager in viele Länder der Welt wurde sie geliefert z.B. unter den Namen: „Bijou“, „Gloria“, „Mirsa Ideal“, „Ideal“, „Elite“, „Irene super“, „Ursula“, „Ursula de luxe“, „Präsident“, „Präsident de luxe“, „Privileg“, „Olympia Regina“, „Robotron Comfort“ usw.

Elektrische und elektronische Schreibmaschinen mit dem Namen „Erika“ wurden ab 1985 hergestellt, jedoch nicht in Dresden, sondern in Erfurt, Karl-Marx-Stadt und im Werk Markersdorf.

Trotz Reprivatisierung des letzten „VEB Robotron Elektronik Dresden“ in die Firma „Robotron Erika GmbH Dresden“ musste 1991 die Schreibmaschinenfertigung aufgegeben und 1992 die Liquidation eingeleitet werden.

Unter der Bezeichnung „Erika-Picht“ wurden ab 1980 bis 1991 die Blindenschreibmaschinen Modell E 500, E 510 und E 520 mit ca. 19.00 Stück hergestellt. Von 1991 bis 2010 wurde diese Maschine noch in geringen Stückzahlen von der „multitech“ GmbH Dresden gefertigt. Diese Firma existiert nicht mehr.