Geschichte der Schreibmaschine

Die Anfänge der Schreibmaschine

Seit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg im Jahre 1450 vergingen bis zu Erfindung der ersten gebrauchsfähigen Schreibmaschine über vier Jahrhunderte. Als Erfindungsjahr der Schreibmaschine gilt das Jahr 1714, als der Engländer Henry Mill ein Patent auf „eine Maschine oder ein künstliches Verfahren, um Buchstaben drucken oder schreiben zu können, einzeln oder nacheinander, wie in der üblichen Schrift“ ausgestellt bekam.

Das erste bekannte, mit einer Schreibmaschine hergestellte Schriftstück schuf 1808 der Italiener Pellegrino Turri. Zwischen dieser Zeit und ca. 1860 gab es weitere vielfältige Versuche Schreibmaschinen herzustellen. Sie waren oftmals dazu gedacht, Blinden die Kommunikation zu erleichtern. Es handelte sich in der Regel um Einzelstücke und die Erfinder dachten lange Zeit noch nicht daran, dass ihre Schreibmaschinen einmal in den Büros von Verwaltungen und Kaufleuten stehen und den bisherigen Handschreiber verdrängen würden.

Einer der bedeutendsten europäischen Erfinder der Schreibmaschine im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war der Österreicher Peter Mitterhofer. Er wurde am 20. September 1822 in Partschins (Südtirol) geboren. Als gelernter Tischler entwickelte und baute er in der Zeit von 1864 bis 1869 fünf Schreibmaschinenmodelle. Diese waren fast gänzlich aus Holz und gelten als die Prototypen der Typenhebelschreibmaschine.

Im Dezember 1869 begab sich Mitterhofer zu Fuß mit einer Karre, in der sich sein fünftes Modell befand, auf den weiten Weg von Partschins nach Wien. Mit einem neuerlichen Majestätsbesuch bat er um eine Subvention oder den Ankauf des Modells. Dem wurde stattgegeben und die Maschine als Geschenk des Kaisers für die Modellsammlung des Polytechnischen Instituts Wien angekauft. Mitterhofer erhielt dafür 150 Gulden. Diese Maschine ist heute noch im Technischen Museum Wien als das sogenannte „Wiener Modell 1869“ zu sehen. Das zweite und vierte Modell befindet sich in Museen in Dresden bzw. Meran und ist nach diesen Standorten als „Modell Dresden 1864“ und „Meraner Modell von 1867“ benannt. In der jüngeren Vergangenheit erfolgte der Bau einiger Repliken dieser Maschine.

Die erste Maschine, die tatsächlich fabrikmäßig hergestellt, verkauft und bereits in Büros verwendet wurde, war die „Schreibkugel“, eine Erfindung des dänischen Pastors Rasmus Malling-Hansen. Die Typenstangen waren halbkugelförmig angeordnet, sodass die Typen am gleichen zentralen Punkt auf das Papier trafen. Spiralfedern drückten die Typenstangen nach dem Anschlag wieder in die Ausgangslage zurück. Sie wies bereits 1867 fast alle Einrichtung der späteren Maschinen auf, wie selbsttätige Papierführung, Zeilenschaltung, Glockensignal, Leertaste und sichtbare Schrift.


Serienfertigung im „Mutterland der Schreibmaschine“

Trotz dieser Entwicklung in Europa ist Amerika das „Mutterland der Schreibmaschine“. In den USA stellten 1867 die Erfinder Charles Glidden, Samuel W. Soule und Christopher Latham Sholes nach langwierigen Vorversuchen das erste Funktionsmodell einer Schreibmaschine fertig. In den folgenden Jahren entwickelten die drei Konstrukteure ihre Maschine mit dem Ziel weiter, sie zur Reife für die Großfabrikation zu bringen. Ende 1872, der amerikanische Bürgerkrieg war erst wenige Jahre vorbei, boten sie das Ergebnis ihrer Arbeit der Waffenfabrik Remington zur Produktion an. Durch einen entsprechenden Vertrag zwischen den Konstrukteuren und den Remington-Werken konnte die Fabrikation im September 1873 beginnen. Philo Remington, der Präsident der Gesellschaft, versprach den Erfindern die Überarbeitung des Modells bis zur Fabrikationsreife, die Produktion von 1000 Exemplaren und sicherte sich die Option auf die Herstellung weiterer 24.000 Maschinen.

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Sholes & Glidden-Schreibmaschine

Anfang 1874 wurden die ersten Maschinen unter dem Namen „The Sholes and Glidden Typewriter“ (auch Remington No. 1) fertiggestellt und standen zum Verkauf bereit. Beachtlich ist die künstlerische Gestaltung dieser Maschinen, die von Hand mit Blumenornamenten und Bildern bemalt wurden. Die damaligen Maschinen aus amerikanischer Produktion hatten jedoch den Nachteil, dass die Schrift für den Schreiber nicht sofort sichtbar war, da die Typen von unten auf die Schreibwalze aufschlugen. Sie hatten konstruktionsbedingt den sogenannten Unteraufschlag. Der Schreiber musste zur Kontrolle der Schrift folglich jedes Mal den Wagen anheben. Auch verfügten diese ersten Maschinen nur über Großbuchstaben. Mit den Jahren verbesserte und überarbeitete man die Modelle – besonders hinsichtlich Groß- und Kleinschreibung, des Übergangs von der Volltastatur zur Halbtastatur mit Umschaltung und später der sichtbaren Schrift durch den fortan gebrächlichen Vorderaufschlag.

Der aus Deutschland in die Vereinigten Staaten ausgewanderte Franz Xaver Wagner und sein Sohn Hermann beteiligten sich neben anderen Erfindungen auch an der Verbesserung der Remington-Schreibmaschine. Wagners unermüdliches Bestreben ging dahin, eine Schreibmaschine zu bauen, die das Geschriebene sofort sichtbar werden lässt. Erst mit der Patentanmeldung 1893 waren die Entwicklungen Wagners soweit fortgeschritten, dass mit Verwendung des von ihm und seinem Sohn erfundenen Typenhebelsegments und des dreigliedrigen Typenhebelgetriebes, dem sogenannten „Wagnergetriebe“, durch den Vorderaufschlag der Typen auf das Papier eine sofort sichtbare Schrift entstand.

Underwood No. 5 (1901)

In John T. Underwood, dem Sohn des Farbbandproduzenten John Underwood, fand Franz Xaver Wagner einen kapitalkräftigen Unterstützer. Hatte die Firma Underwood bisher die Farbbänder für die Remington-Schreibmaschinen geliefert, sattelte sie auf die Schreibmaschinenfertigung um. Underwood erwarb von Wagner alle Patente und Herstellerrechte. Ab 1895 gingen die „Underwood No.1 und No.2“ in Serie und waren Vorbild für alle nachfolgenden Typenhebelschreibmaschinen. Selbst hartnäckige Verfechter anderer technischer Lösungen und Schreibsysteme wurden durch den Rückgang der Verkaufszahlen ihrer veralteten Produkte vom Markt gezwungen, auf das System Wagner umzustellen. Die 1900 auf den Markt gebrachte „Underwood No.5“ war die damals modernste und damit auch erfolgreichste Schreibmaschine.


Schreibmaschinenfertigung in Deutschland

Nur unter großen Schwierigkeiten war es möglich, der Schreibmaschine Eingang in deutsche Büros zu verschaffen. Die bisher meist männlichen Schreiber lehnten die Schreibmaschine ab, da sie fürchteten, durch sie ihre Stellung zu verlieren. Zwischen 1893 und 1899 kam es deshalb in Deutschland nur zur Herstellung weniger Schreibmaschinen, die in der Regel Nachbauten bzw. Lizenzproduktionen amerikanischer Maschinen waren. Mit der „Adler 7“ wurde im Jahr 1898 in den Adlerwerken, vormals Heinrich Kleyer A.G. Frankfurt a.M. die erste deutsche Schreibmaschine in Serie gebaut. In den ersten 15 Produktionsjahren kamen davon über 100.000 Exemplare in den Handel.

Die industrielle Großfertigung von Schreibmaschinen begann in Deutschland, nachdem auf der ersten Schreibmaschinenausstellung in Berlin 1899 ein umfassender Überblick über die auf dem Markt befindlichen Schreibmaschinen gezeigt wurde. Den Fachleuten erschloss sich jetzt der Nutzen einer Schreibmaschine. Jetzt war die Zeit gekommen, dass größere deutsche Unternehmen den Gedanken erwogen, Schreibmaschinen zu bauen.

Einer der ersten deutschen Unternehmer, der frühzeitig die wirtschaftliche Bedeutung der Schreibmaschine erkannt hatte, war Bruno Naumann aus Dresden. Er betrieb bereits seit vielen Jahren mit großem Erfolg den Bau von Nähmaschinen und Fahrrädern in Großserie. Ende September 1900 war die erste versandfertige Schreibmaschine fertiggestellt. Die Maschine „Ideal“ erlebte noch zahlreiche Neuerungen und wurde über viele Jahrzehnte gebaut. Als kleine Schwester kam 1910 die Kleinschreibmaschine „Erika“ dazu, die in noch größeren Stückzahlen bis zum Jahr 1990 produziert wurde.

Bis zum Ersten Weltkrieg entstanden zahlreiche Schreibmaschinenfabriken. Es waren in der Regel Werke, die bis dahin Textilmaschinen, Nähmaschinen und/oder Fahrräder produziert hatten. Sie boten mit ihrem feinmechanisch ausgebildeten Personal und dem notwendigen Maschinenpark die besten Voraussetzungen zum Bau von Schreibmaschinen. Nach dem Ersten Weltkrieg stellten die großen Rüstungsbetriebe ihre Fertigung um. Dadurch entstanden wiederum Schwerpunktbetriebe der Schreib- und Rechenmaschinenherstellung, wie z.B. die Firmen Rheinmetall in Sömmerda, Schilling & Krämer in Suhl sowie J.P. Sauer in Suhl.

Bedeutende deutsche Schreibmaschinenhersteller (ohne Sachsen):

  • Adler-Werke, vorm. Heinrich Kleyer A.G., Frankfurt a.M. (Modell Adler)
  • AEG-Deutsche-Werke, Berlin (Modelle AEG/Mignon)
  • J.P. Sauer & Sohn, Suhl (Modell Fortuna)
  • Mercedes Büromaschinen-Werke A.G., Zella-Mehlis (Modell Mercedes)
  • Olympia Büromaschinen-Werke, Erfurt (Modell Olympia)
  • Bing-Werke A.G., Nürnberg und Berlin (Modell Orga-Privat)
  • Maschinenfabrik Schilling & Krämer, Suhl (Modell Regina)
  • Rheinmetall A.G., Sömmerda (Modell Rheinmetall)
  • Bernhard Stoewer A.G., Stettin (Modell Stoewer)
  • Weilwerke GmbH, Frankfurt a.M. (Modell Torpedo)
  • Triumph-Werke, Nürnberg A.G. (Modell Triumph)
  • Voss Schreibmaschinen-Fabrik, Wuppertal (Modell Voss)

Schreibmaschinenfertigung in Sachsen

Bedingt durch die technische Revolution der Gründerjahre zwischen 1860 und 1890 waren in Sachsen, dem um 1900 technisch fortschrittlichsten Land im Deutschen Reich, zahlreiche namhafte Industriebetriebe entstanden. Sie betätigten sich in der Metallindustrie, dem Werkzeug- und Textilmaschinenbau, in der Nähmaschinen- und Fahrradfertigung sowie in der feinmechanischen Industrie. Ende des 19. Jahrhunderts war der Fahrrad- und Nähmaschinenmarkt durch ein Überangebot gesättigt, sodass alle Hersteller Probleme bekamen und sich nach anderen neuen Produkten umsehen mussten. Da kam die Schreibmaschine gerade recht. Diese Firmen hatten die Voraussetzungen in technischer und personeller Hinsicht, bei Bedarf weitere Erzeugnisse ähnlicher Art herzustellen. Wie in Gesamtdeutschland entstand auch in Sachsen Ende des 19. Jahrhunderts ein zaghafter Bedarf nach Schreibmaschinen. Noch immer galt es als unschicklich, einen Geschäftsbrief oder eine private Korrespondenz nicht in Handschrift zu versenden. Auch gab es in den Büros Widerstand gegen die Einführung der unbekannten und damit bedrohlich erscheinenden Technik.

Einige wenige weitsichtige sächsische Unternehmer erkannten jedoch von Anfang an die künftige Bedeutung der Schreibmaschine und befassten sich intensiv mit einer Produktionseinführung. Diese wurde jedoch erschwert durch die zahlreichen amerikanischen Patente auf Schreibmaschinen, die man entweder als Lizenz kaufen musste oder die zu umgehen waren.

Unter Typen und Hersteller sind alle in Sachsen Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Schreibmaschinenfertigung befassten Unternehmen beschrieben. Den meisten Firmen und ihren Schreibmaschinen war es nicht vergönnt, dauerhaft am Markt bestehen zu können. Die von ihnen entwickelten und produzierten Schreibmaschinen waren entweder zu kompliziert oder zu primitiv, unvollkommen bzw. veraltet und damit für den Dauergebrauch in den Büros ungeeignet. Auch konnten die kleineren Firmen auf Dauer dem Druck der Konkurrenz der Großhersteller, die ständig neuere und modernere Maschinen auf den Markt brachten, nicht Stand halten. Die Folgen des Ersten Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise brachten einige der kleineren Firmen ebenfalls um ihre Existenz.