Geschichte der GROMA

Der Anfang

Die „GROMA“ (Abk. für Grosser Markersdorf) war in den letzten Jahrzehnten und ist heute noch ein Inbegriff sächsischer Industriekultur im Raum Chemnitz/Burgstädt. Sowohl die bekannte Schreibmaschine als auch der Betrieb wurden in der Bevölkerung nur die „GROMA“ genannt. Wo arbeitest Du? In der GROMA. Und das taten viele; zuletzt ca. 700 Beschäftigte aus den umliegenden Orten. Wie kam es dazu?

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war ein rasanter Aufstieg der Textilindustrie in diesem Teil Sachsens zu verzeichnen. Durch den gestiegenen Bedarf an Textilmaschinen entschlossen sich die Herren Bach und Großer 1872 die Strickmaschinenfabrik „Bach & Grosser“ zu gründen.

G.F. Grosser ca. 1900

1877 haben sich die Firmengründer aus unbekannten Gründen getrennt. Von da ab war Gustav Friedrich Großer der alleinige Inhaber der Firma, die ab dem 1. März 1878 unter dem neuen Namen „G. F. Grosser“ geführt wurde. In den 1880er Jahren wurde die Produktion von Strickmaschinen erweitert auf Spulmaschinen für die Strickerei- und Wirkereiindustrie. Diese Maschinen wurden mit so hoher Güte und Qualität hergestellt, dass diese schon bald Weltruf erlangten und in viele Länder exportiert wurden.

Die erwirtschafteten Gewinne wurden immer wieder reinvestiert. Das ermöglichte, den Betrieb ständig zu vergrößern und das Produktionsprogramm durch die Aufnahme der Fertigung von Handflachstrickmaschinen, Motorflach- und -rundstrickmaschinen, Spulmaschinenzubehör und Textilmaschinenersatzteile zu erweitern. 1904 wurde der Betrieb von Paul Großer, dem Sohn von Gustav Friedrich Großer übernommen, der ebenfalls wieder alleiniger Inhaber war. Der Unterschied zwischen Familien- und Firmennamen resultiert aus der internationalen Schreibweise.

1913 wurde das markante Hauptgebäude direkt an der Mittweidaer Straße erbaut, da die vorhandenen Produktionsstätten nicht mehr ausreichten. Der damalige Eingang von der Straße aus war prunkvoll mit Marmor gestaltet und die daran anschließende Geschäftleitungs- und Verwaltungsetage war mit großen dunklen Holztüren und Vertäfelungen versehen. Das zeugte davon, dass es der Firma G. F. Grosser zu dieser Zeit sehr gut ging und das wollte man auch zeigen. In dieser Zeit entstanden die ersten Häuser der Werkssiedlung an der Chemnitz-talstraße. Bis 1921 wurden dort 12 Wohnhäuser mit 112 Wohnungen für Werksangehörige gebaut. Im Volksmund wird dieses Wohngebiet heute noch die „Kolonie“ genannt.

Neubau GROMA

Das Unternehmen GROMA

Im 1. Weltkrieg wurden in der Hauptsache Strickmaschinen, Drehbänke und Granathülsen hergestellt. Es kam also zu einer teilweisen Umstellung auf Rüstungsproduktion. 1924 wurde der große Maschinensaal gebaut, der eine enorme Steigerung der Produktion ermöglichte. In diesem Jahr begann man auch mit der Herstellung einer Standardschreibmaschine, die unter dem Namen „GROMA“ auf den Markt kam. Konstrukteur dieser Maschine war Max Pfau, der auch gleichzeitig von Anfang an die Fertigung der Maschinen leitete. Sie war ganz aus Stahl hergestellt, entsprach voll und ganz den DIN-Normen und erlangte schon nach kurzer Zeit einen guten Ruf.

Sie wurde anfänglich in drei Varianten hergestellt:

  • 1926 GROMA K mit Kolonnensteller
  • 1933 GROMA S mit Setztabulator
  • 1936 GROMA Simplex V.K. (vereinfachtes Modell)

1934 erwarb die Fa. G. F. Grosser die Herstellungsrechte einer von Leopold Ferdinand Pascher konstruierten Kleinschreibmaschine und stellte ihn als Chefkonstrukteur ein. 1936 übernahm der Sohn von Paul Großer, Erich Großer die Firmenleitung.

Ab 1938 wurde die Fertigung dieser Kleinschreibmaschine aufgenommen. Diese zeichnete sich durch besondere Leichtigkeit aus, da Pascher das Leichtmetall Elektron und ein Kunststoffgehäuse bei der Maschine verwendete. Ab 1939 wurde sie bis 1945 in etwa 50.000 Exemplaren in den Modellen T und N gebaut. Parallel dazu befasste sich Pascher mit der Entwicklung einer Kleinstschreibmaschine, einer so genannten Aktentaschenmaschine. Hierfür wurde ihm 1939 ein Deutsches Reichspatent erteilt, welches ihm von der Fa. Grosser abgekauft wurde. Leider kam die Kleinstschreibmaschine durch den 2. Weltkrieg nicht mehr zur Produktion. Durch die Rüstungsproduktion stieg die Anzahl der Beschäftigten in den Jahren 1940 bis 1945 von 978 auf 1.450 Mitarbeiter.

Der geniale Konstrukteur Ferdinand Pascher hatte sich mit der Firmenleitung überworfen und versuchte sich nach Kriegsende selbständig zu machen und „seine“ Kleinstschreibmaschine mit einigen Groma-Mitarbeitern herzustellen. Vermutlich aufgrund einer Denunziation wurde er von den Sowjets verhaftet und in das sowjetische Internierungslager Mühlberg gebracht, wo er im Dezember 1945 gestorben ist.

Nachkriegszeit

Nach dem 2. Weltkrieg kam die Produktion im Werk nach der totalen Demontage durch die sowjetische Siegermacht nur sehr langsam wieder in Gang. Am 29. November 1945 begann man mit 19 Mitarbeitern den Wiederaufbau der Produktion. Anfänglich wurden aus Restbeständen einige Strick- und Spulmaschinen sowie Ersatzteile dafür und Schreibmaschinen hergestellt. Von 1947 bis 1950 wurden auch Küchenuhren produziert. Im April 1946 wurden Verträge über Reparationsleistungen an die Sowjetunion in Form von Textil- und Schreibmaschinen abgeschlossen. Damit konnte wieder langsam zu einer planmäßigen Fertigung übergegangen werden. Bis zum 30. September 1946 stieg die Mitarbeiterzahl auf 233 Beschäftigte. Ab 1950 wurden im damals „Mechanik Groma VEB Markersdorf/Chemnitztal“ genannten Betrieb nur noch Schreibmaschinen hergestellt. Im gleichen Jahr lief die Fertigung der Standardschreibmaschinen mit 505 Stück aus. Insgesamt wurden ca. 150.000 Standardschreibmaschinen hergestellt.

Nach Aussagen ehemaliger Groma-Mitarbeiter ging der technische Direktor Kauper der Firma Grosser und einige Mitarbeiter nach Kriegsende nach Erlangen. Auf der Grundlage der offensichtlich mitgeführten Konstruktionsunterlagen der Kleinstschreibmaschine des Konstrukteurs Pascher begann man bei der Firma Gossen in Erlangen 1948 mit der Fertigung einer Kleinschreibmaschine, die unter dem Namen „Gossen Tippa“ auf den Markt kam und sehr erfolgreich war. Die Ähnlichkeit zu der dann bei Groma hergestellten „Gromina“ ist daher nicht zu leugnen.

Der Fokus bei der Firma Groma lag nun voll auf der Entwicklung und Produktion von Kleinschreibmaschinen, für die es in der ganzen Welt gute Absatzchancen gab. Neben den herkömmlichen GROMA-Kleinschreibmaschinen T und N wurde auf der Grundlage der Vorkriegspatente von Ferdinand Pascher mit 459 Mitarbeitern die Kleinstschreibmaschine „Gromina“ und ab 1954 das überarbeitete Modell „Kolibri“ hergestellt. Die Vorkriegsmodelle T und N wurden überarbeitet und mit einem modernen Spritzgussgehäuse versehen. Alle Schreibmaschinen wurden, anders als vor dem Krieg, mit teils sehr farbenfreudigen Lackierungen versehen.

VEB GROMA

Aus den Modellen T und N wurde von den Entwicklungsingenieuren 1954 das Modell „Combina“ in die Produktion eingeführt. Das Werk firmierte zwischenzeitlich unter „VEB GROMA Büromaschinen Markersdorf/Chemnitztal“. Dass diese hochwertigen Schreibmaschinen nicht den Menschen in der DDR zu Gute kamen, zeigt die Exportrate von 98,7 Prozent für 1962. Die Maschinen wurden in 70 Länder der Erde exportiert. Das erfolgte in der Regel über westliche Großhändler, wie z.B. Neckermann unter völlig anderer Bezeichnung.

Folgende Stückzahlen rein mechanischer Schreibmaschinen wurden bei der GROMA von 1924 bis 1962 hergestellt:

  • Standardschreibmaschinen: 1924 bis 1950 ca. 150 000 Stück
  • KSM Modell T und N: 1938 bis 1957 148 000 Stück
  • KSM „Gromina“: 1951 bis 1955 31 500 Stück
  • KSM „Kolibri“: 1954 bis 1962 ca. 150 000 Stück
  • KSM „Combina“: 1954 bis 1960 11 800 Stück

Nach 1962 ging die Zeit der rein mechanischen Schreibmaschinen ihrem Ende zu. Anderswo war man längst zur elektro-mechanischen Schreibmaschine übergegangen. Dazu war aber so ein kleiner Betrieb in der DDR aus Kapazitäts- und Entwicklungsgründen nicht in der Lage. Deshalb brach der Absatz bei GROMA ein. In den 1960er Jahren wurde der Betrieb als Werk 2 in den VEB Robotron Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt (BWK) eingegliedert und stellte als Zulieferer Komponenten für Büromaschinen her. Auf Grund eines Angebotes der Fa. Olivetti übernahm das BWK als Lizenzproduktion die Herstellung der elektro-mechanischen Schreibmaschine „Lettera 36“, die auch bei GROMA in Markersdorf bis 1985 mit 370.000 Stück produziert wurde. Nur ca. 5.000 Stück davon wurden in der DDR verkauft. Als Weiterentwicklung wurde die Produktion der elektro-mechanischen Schreibmaschine „Erika“ S 2020 mit 545.000 Stück bis 1990 fortgesetzt. Hauptabnehmer war die BRD, die diese Maschinen unter anderen Handelsnamen über die Versandhäuser Neckermann, Quelle usw. verkaufte.

Das Ende

Nach der Wiedervereinigung brach der Absatz völlig zusammen, da das Produkt veraltet war und die Abnehmer jetzt DM dafür bezahlen mussten. Aus diesen Gründen kam es zur Insolvenz und die Firma wurde unter dem Namen Ascota AG, Schreibmaschinenfabrik Markersdorf liquidiert, das Inventar am 28. April 1992 versteigert. Das markante Fabrikgebäude an der Mittweidaer Straße in Markersdorf wurde im Jahr 2013, genau nach 100 Jahren, abgerissen.

Groma_stirbt_01

Ehrung

Anlässlich des 525-jährigen Ortsjubiläums von Markersdorf wurde am Sonntag, dem 15. Juni 2014 ein Gedenkstein an den Gründer der GROMA, Gustav Friedrich Großer enthüllt. Dabei wurden dessen große Verdienste um die Erschließung des Chemnitztales im ausgehenden 19. Jahrhundert gewürdigt. Die Enthüllung des Gedenksteins wurde unter reger Anteilnahme der Bevölkerung vom Urenkel des Firmengründers, Herrn Götz Grosser vorgenommen, der mit seiner Familie aus Paris angereist war.

Götz Grosser am Stein
Ur-Enkel Götz Grosser am Gedenkstein

Initiiert von der Interessengemeinschaft Schreibmaschine Hartmannsdorf/Chemnitz fand am 9.11.2017 anlässlich des 100. Todestages des Firmengründers eine Ehrung am Gedenkstein statt. Dabei waren auch der  Bürgermeister und Vertreter der Gemeinde Claußnitz.

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